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Das Hotel-Restaurant befindet sich in der ersten Etage. Von der Lobby aus führt eine Treppe direkt zum „Derby“ hinauf, wo wir von der Service-Leiterin freundlich in Empfang genommen und zu unserem reservierten Tisch geführt wurden. Das Reservieren hätten wir uns eigentlich schenken können, da an jenem Mittwochmittag nicht viel los war. Erst später füllte sich der vordere Bereich des Speiseraums. Eine ganze Schar von Golftanten ging nach getaner Arbeit auf der Driving-Ranch zum kollektiven Sättigungsritual über. Ein paar vereinzelte Geschäftsleute dinierten derweil gönnerhaft auf Spesen. Daneben eine Handvoll Stammgäste im gesetzteren Alter, die hier scheinbar zum täglichen Lunch dazu gehörten wie der Panoramablick auf die abschlagende Zunft draußen.
Doch wir konnten uns nicht lange am satten Grün erfreuen. Schuld daran waren die perfiden Fensterplatz-Reservierer vom Nachbartisch. Merke: beim nächsten Mal schon im Vorfeld einen Tisch direkt vor der Glasfront sichern! Ich rückte den bequem gepolsterten, mit weißem Kunstleder überzogenen Gastrostuhl zurecht. Für Sitzkomfort war also gesorgt. Meine Begleitung saß ebenfalls sehr kultiviert auf einer komfortablen Sitzbank, die dank ihrer brusthohen Rückwand aus hellem Holz für etwas Abgrenzung sorgte. Klar muss man als Hotelküche auch der Frühstückspflicht räumlich Rechnung tragen, weshalb man den Büfett-Bereich zentral im Gastraum platziert hat. Der großangelegte Speisesaal wirkte jedoch dank der raumteilenden Elemente ein wenig „wohnlicher“ als das auf den ersten Blick wirkte. So richtig gemütlich schienen mir jedoch nur die komplett holzverkleideten Sitznischen mit der u-förmig angeordneten, weißen Polsterlandschaft und den tiefhängenden Designerspots. Sicherlich ein vorzüglicher Platz für ein romantisches Dinner mit der Liebsten.
Zurück zum kulinarischen Aufgalopp am Mittag. Fünf verschiedene Gerichte hatte das Team um Küchenchef Francesco Cannistra heute ins „Sprintrennen“ geschickt. Zweimal Fleisch, zweimal Fisch (so gehört sich das in Bremen) und einmal ohne. Mit Preisen knapp unter 11 Euro bzw. um die 8 Euro (Veggie-Gericht) hielt sich das pekuniär ziemlich im Rahmen. Klar, mit den stolzen 6,90 Euro für die 0,75-l-Flasche Mineralwasser der Marke „Magnus Classic“ wurde das günstige Mittagsmahl zumindest teilsubventioniert.
Natürlich hätten wir auch aus der reichhaltigen Speisenkarte, die mit Rumpsteak, gefüllter Maispoularde, Rücken vom Iberico-Schwein und gegrilltem Kalbs-Kotelett besonders die Geschmäcker der Fleischfans zu treffen wusste, wählen können. Ein paar Vorspeisen, zweimal Suppe, vier Sorten Pasta, ein Veggie-Duo und drei Fischteller komplettierten die mit Bedacht getroffene Auswahl, die für jeden Geschmack etwas parat hielt. Doch unser Entschluss stand längst fest. Auf den bedruckten Papiersets am Tisch standen derart leckere Mittagsgerichte gelistet, da ließen wir die Standardkarte doch gerne links liegen.
Meine Begleitung wählte die Maispoularde mit Sambal-Oelek-Sauce, gebratenem Gemüse und Parmesanpolenta (10,80 Euro), während mir das Zanderfilet mit Karotten-Lauchgemüse und Butterreis (auch 10,80 Euro) am meisten zusagte. Meinem Extra-Wunsch, die ungeliebte Kapernsauce gegen die zum Rotbarsch gereichte Senfsauce einzutauschen, wurde gerne entsprochen.
Den Anfang machten ein paar Scheiben Olivenbaguette mit Butter und einem Schälchen Dill-Orangen-Schmand. Alles passte in den dafür vorgesehenen Holzkasten, den man vor uns in Tischmitte platzierte. Da ich zum Mittagessen selten Alkohol trinke, beließ ich es beim Wasser und übte mich in Weinverzicht.
Kaum war das letzte Stückchen Weißbrot „verstrichen“, wurden unsere beiden Hauptgänge serviert. Mein Zanderfilet kam perfekt auf der Haut gebraten und schmackhaft gewürzt aus der Pfanne. Die Senfsauce hatte genug geschmackliche Substanz um den neutralen Butterreis auszugleichen. Von sanft gegartem Karotten-Lauchgemüse eskortiert, war das insgesamt ein sehr stimmiger Teller, der den Zander als Hauptdarsteller gut in Szene setzte. Mir schmeckte mein „Sprintrennen“ ganz hervorragend und ich war froh über die ordentlich bemessene Portionsgröße.
Nach fundiertem Kochhandwerk sah auch der Teller meiner Begleitung aus. An dem knusprigen Maispoulardenschenkel lehnte keck ein fluffiger Parmesanpolenta-Quader. Darunter sorgte viel buntes Gemüse für vegetabilen Kontrast. Die Schärfe der Sambal-Oelek-Sauce hielt sich in Grenzen. Sie passte jedoch sehr gut zum knackigen Grünzeug und erweiterte zugleich das aromatische Spektrum des Gerichtes. Genau wie beim Fischteller war die Materialmenge gut bemessen, was unseren Dessert-Verzicht erklärt.
In der Summe war das ein äußerst erfreuliches Mittagsmahl, das ich nur weiterempfehlen kann. Die etwas überzogenen Getränkepreise halten sich mit dem beeindruckenden PLV beim Essen so etwa die Waage. Die Aussicht auf ein „Sonntags-Derby“, bei dem ein wöchentlich wechselndes 3-Gang-Menü für 21,50 Euro aufgetischt wird, hätte bestimmt auch Sportreporter und Pferdenarr Addi Furler - Gott, hab ihn selig - gefallen. Zumal er von der Terrasse aus den besten Blick auf seinen „Galopper des Jahres“ gehabt hätte.